Samstag, 17. August 2013

Audreys Gedanken zu... wahren Begebenheiten


Ich hoffe, dass ich nicht der einzige Mensch auf diesem Planeten bin, der in dem Moment, wo auf dem Bildschirm die dramatischen Worte: "Nach einer wahren Begebenheit" (in manchen Fällen auch Geschichte) aufleuchten, sich die Fernbedienung schnappen und mit den Worten "Ist. Mir. Doch. Egal!" enthemmt auf den Ausschaltknopf drücken will. Wenn dann auch noch am Ende minutenlang dramatisch beschrieben wird, was sie heute machen, was sie morgen machen, was sie wollen, wie das Wetter heute ist und am Ende noch ein kleiner Insider aufkommt, der den Zuschauer zum Schmunzeln bringen soll, ist es bei mir komplett vorbei und ich kann nicht anders, als dem Film mindestens einen Punkt abzuziehen. Als letztes passierte mir das bei Extraordinary Measures und wiedermal fragte ich mich: Wieso? Ist das hier ein Film oder eine Dokumentation? Bin ich zu kaltherzig für so etwas? Und vor allem: Spielt es bei einem Film eine Rolle, ob die Geschichte wahr oder erfunden ist? 

Wahre Geschichten gibt es wie Sand am Meer und sie alle könnten filmisch erzählt werden. Es gibt Geschichten, die sind an sich erfunden, könnten aber auch eine wahre Geschichte sein, wie zum Beispiel bei Liebesfilmen. Viele Filme spielen sich auch vor dem Hintergrund wahrer Ereignisse wieder und manche lassen sich einfach von wahren Ereignissen inspirieren.





Jeder Film spielt in seiner eigenen Welt und auch wenn diese manchmal Amerika, Paris oder Hinterwaldhausen heißt... es ist eine eigenständige Welt, so klein sie auch ist. Man geht nicht um die Ecke und findet sich plötzlich unter einer Gruppe Hobbits wieder, genauso wenig wie man gegen James Bond an der nächsten Straßenecke läuft. So sollte es doch eigentlich keinen Unterschied machen, ob das jetzt alles erfunden ist oder wahr? 


Zwei schöne Beispiele sind da Magnolia und Fargo. Bei Magnolia wird darüber philosophiert, dass wenn das Ganze hier ein Film wäre, es eh niemand glauben würde. Bei Fargo wird einem von Anfang an vorgegaukelt, dass alles nach einer wahren Geschichte passiert ist, nur um dann am Ende das Gegenteil zu behaupten. Den ganzen Film über glaubt der Zuschauer alles sei so passiert. Das ist wahrscheinlich auch der Hauptgrund, warum diese Einblendung stets am Anfang passiert. Manipulation. Der Zuschauer wird von Anfang an dazu "gezwungen" alles zu glauben, was passiert, weil es ja wahr ist. Da kann ein Opa mit einer Axt sechs Omis abschlachten und nichts wird hinterfragt, weil das alles so passiert ist. Doch wenn dann am Ende aufblendet, dass das alles doch nicht wahr ist, fängt man plötzlich an zu überlegen. Was ist Wahrheit? Und was ist, wenn das doch alles wahr ist? Wie ich bei Requiem for a Dream festhielt, das Ende ist einer der wichtigsten Sachen, weil es das ist, woran man sich am ehesten erinnert. Es ist doch so: Bei Fargo wird am Anfang behauptet, dass alles wahr ist und am Ende wird das dementiert. Was glaubt der Zuschauer? Dass alles erfunden ist.

Was wäre wenn... am Anfang behauptet würde, dass nichts von alledem wahr ist und am Ende gesagt würde, dass doch alles wahr ist? Was würde der Zuschauer glauben? Genau, er würde letzteres glauben, dass alles wahr ist. Wahrscheinlich würde er den Regisseur noch bewundern, weil er ihn ja so geschickt darauf aufmerksam gemacht und mit ihm gespielt hat. Viele würden das Gesehene noch mehr "voll krass" finden, als wenn es am Anfang stände. Also ist alles pure Manipulation. Es hat absolut nichts mit dem Aussagewert und der Qualität der Geschichte zu tun, ob sie wahr ist oder erfunden, denn wie gesagt: Jeder Film spielt in seiner eigenen Welt.

Dazu kommt, dass viele Filme, die darauf „schwören“, dass alles wahr ist, sich zu sehr darauf ausruhen, nichts wagen, sondern nur doof eine Geschichte erzählen. Aus sowas entstehen dann bis in die tiefste Schicht konventionelle Filme und solche Filme sind das Böse. 

Aber warum lassen wir diese Manipulation dann zu? Wollen wir schockiert werden? Haben wir keine Lust auf erfundene Geschichten? Sind wir so gierig nach der Wahrheit? Wollen wir manipuliert werden? 

Der Mensch ist schon immer auf der Suche nach Wahrheit gewesen und verstand sich auch immer, diese Suche schön zu verpacken in Begriffen wie Lebenssinn oder Informationen. Gerade heute sind wir auf der unersättlichen Suche nach diesen. Von Nachrichten über Dorfklatsch bis hin zu den Wahrheitsfilmen. Wir saugen alles hungrig auf und denken so, die Wahrheit zu erfahren. Erfundene Geschichten sind irrelevant, es sind eben nur Geschichten, aber diese Wahrheitsfilme... da denkt der Wissbegierige sich unterbewusst:   „Wow. Wenn da wahre Begebenheit steht, ist das auch die Wahrheit. Ich glaube alles!" Es ist die bittere Wahrheit: Wenn vor Pulp Fiction "Nach einer wahren Begebenheit" stehen würde... wir würden es glauben. Wenn vor Magnolia stehen würde "Nach einer wahren Geschichte"... wir würden es glauben. Und bei Fargo kaufen wir auch alles ab. Bei Fantasyfilmen wäre es natürlich ziemlich absurd, so manipulierbar sind wir dann doch nicht, aber es ist so: Wenn da wahr steht, muss es auch wahr sein. 

Aber was können wir gegen diese Manipulation machen? Den Film abbrechen? Die Suchmaschine anschmeißen und jedes Detail überprüfen? Nein, das kann nicht die Lösung sein. Wenn wir die Wahrheit wissen wollen, sollten wir uns wieder selber auf die Suche machen und nicht alles bedingungslos runterschlucken, was uns auf dem Wahre-Geschichte-Teller serviert wird.

3 Kommentare:

  1. Hm, interessante Gedanken, aber woran genau machst du es fest, dass wir von "wahrer Begebenheit" manipuliert werden? Mir ist das z.B. vollkommen egal...was sagst du dazu? ^^

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  2. Ich denke halt, dass die meisten denken, dass alles wahr ist, wenn es da steht und deshalb nicht mehr die Geschichte hinterfragen. Außerdem fließt da auch ein bisschen was von der Schule mit ein, da haben wir nämlich mal einen Film gesehen, der auf wahre Begebenheiten beruhte und unser Lehrer sagte bei jeder Pause "Das ist alles genauso passiert" und die Klasse antwortete darauf "Voll krass" ohne auch einziges Mal nachzudenken, ob Hollywood das Ganze nicht ein bisschen dramatisiert oder verschönert hat.

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    1. Naja gut, also schließt du von der Allgemeinheit auf's Ganze - kann man machen. Insofern würde ich dir dann zustimmen.

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