„Was wir fühlen ist nicht so
wichtig. Es ist gänzlich unwichtig. Die einzige Frage ist, was wir
tun!“
Als der junge Schüler
Michael Berg 1958 auf die 21 Jahre ältere Hanna Schmitz trifft, weiß
er noch nicht, dass diese Begegnung sein ganzes Leben beeinflussen
würde. In einem Vorhof, eilt sie ihm zu Hilfe, als der an Scharlach
erkrankte Michael nahezu hilflos war. Einige Woche später, möchte
er sich bei ihr bedanken und es entwickelt sich eine ungewöhnliche
Liebesbeziehung, die von einem seltsamen Ritual geprägt ist. Michael
hat die Aufgabe seine Geliebten vor dem Sex aus einem Buch
vorzulesen. Mit diesem Ritual ist ein Geheimnis verbunden, ein
Geheimnis, dass Hanna mit ins Grab nehmen will, koste es was es
wolle.
Deutsche Geschichten,
deutsche Filme, deutsche Schauspieler. DER VORLESER hat alle drei
Komponenten in seinem Endprodukt vertreten. Die erfolgreiche
Buchvorlage, würde doch einiges an Stoff bieten, sollte man meinen.
Den Machern sollte es doch gelingen, hier ein ansprechendes Drama zu
kreieren, dass den Ruf des deutschen Filmes wieder ein wenig
aufpoliert. Bei der Anzahl der abgestaubten Preise und der
Nominierungen, sollte man doch erwarten können, hier ein
faszinierendes und ergreifendes Juwel zu sichten. Doch DER VORLESER
beweist wieder einmal, dass Auszeichnungen, Cast und Hintergrund des
Streifens völlig unwichtig sind, wenn sie nur da sind, um den
Zuschauer zu blenden.
Zahllose unverständliche
Fakten stehen mit dem Film DER VORLESER in Zusammenhang. Da wäre
beispielsweise die Oscarauszeichnung von Kate Winslet, die
zweifelsohne zu den fähigsten und unantastbarsten Schauspielerinnen
ihrer Zeit gehört, aber für diese Leistung auch genauso klar und
deutlich nicht ausgezeichnet werden darf. Wer von ihr eine ähnlich
gute und herausragende Darbietung erwartet wie sie bei ihr fast schon
üblich ist, der wird enttäuscht werden, schwer enttäuscht.
Stattdessen stellen die Produzenten und Macher sie mit dieser
freizügigen Rolle in ein deutlich schäbigeres und abstoßenderes
Licht. Ein unerotisches Licht, ein Licht in dem man Mrs. Winslet
einfach nicht sehen möchte. An ihrer Seite spielt das deutsche
Talent David Kross, der perfekt veranschaulicht wie es in der
deutschen Filmindustrie und Nachwuchsgesellschaft aussieht, nämlich
zappenduster. Zu keiner Sekunde ist er in der Lage, den Zuschauer auf
seine Seite zu ziehen, ihm das Gefühl zu geben, dass er sein
Schauspiel gesehen haben muss. Einzig und alleine Ralph Fiennes,
gelingt es im letzten Abschnitt des Filmes, so etwas wie Interesse zu
wecken, Interesse an der Figur des Michael Berg, Interesse am Film
und dessen Ausgang, Interesse am Schicksal der Protagonisten.
Mit einer kalten, grauen
und trüben Inszenierung versucht Regisseur Stephen Daldry den
Zuschauer für sich einzunehmen, doch vergisst dabei, dass eine
ergreifende und langweilige Aura sehr nahe beieinander liegen und er
hier in den entscheidenden Momenten die falschen Entscheidungen
getroffen hat. Spannung sucht man hier vergebens, die
Liebesgeschichte, die ja eine tragende Rolle in DER VORLESER spielt,
ähnelt einem unästhetischen Lehrgang in Sexualität, keinesfalls
aber sinnlicher Leidenschaft und zwingt den Zuschauer eher zum
Wegschauen, anstatt ihn bei Laune zu halten.
Score, Kamera, letztlich
war nahezu alles ein Griff ins Klo. Bis auf das letzte
Schlussviertel, mit dem der Film noch einmal ein wenig Boden gut
machen konnte, finden sich hier nur wenige positive Aspekte, die
diesem Film attestieren würden, ein sehenswertes Drama zu sein. Eine
Enttäuschung, leider.
"Ich fürchte nichts. Nichts, als
die Grenzen deiner Liebe."
Bewertung: 03/10
Genre: Drama
Originaltitel: The Reader
Regisseur: Stephen Daldry
Darsteller: Kate Winslet (Hanna Schmitz), David Kross (Michael Berg - jung), Ralph Fiennes (Michael Berg - alt)
Erscheinungsjahr: 2008
Produktionsland: USA, Deutschland
Laufzeit: 124 Minuten
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 12
Na gut, es gab wenig Werbung, keine 15 Toten und keine hektischen Bildwechsel, aber wer sich als Mann von 26 bis 86 nicht in Hanna verliebt hat, der weiß sich offenbar seines Zustandes mit 15 nicht mehr zu erinnern. Und darin - im Erwecken der Erinnerung an einen selbst im jugendlichen Alter und im Erwecken des ganz großen Gefühls liegt der herausragende emotionale Wert des Filmes.
AntwortenLöschenDer intellektuelle Wert ergibt sich aus der Relativierung der Perspektiven, aus denen Schuld wahrgenommen werden kann. Möge das zu etwas mehr Weisheit in der Welt beitragen.