Donnerstag, 17. April 2014

Match Point - Woody Allen - Retrospektive #1

©Paramount Home Entertainment

„Der Mann, der gesagt hat, ich hätte mehr Glück als Talent, hat große Lebensweisheit bewiesen. Man will nicht wahrhaben, wieviel im Leben vom Glück abhängt. Es ist erschreckend, wenn man daran denkt, wieviel außerhalb der eigenen Kontrolle liegt.“

Vom Tellerwäscher zum Millionär, der amerikanische Traum. Chris Wilton lebt diesen Traum. Er lebt die englische Version. Ein aus einfachen Verhältnissen stammender Ire, der in jüngeren Tagen ein ordentlicher Tennisprofi war, will seine besten Jahre in London verbringen. Als dort tätiger Tennislehrer, lernt er den betuchten Tom Hewett kennen. Tom hat ausgezeichnete Kontakte zur High Society Londons. In der Folge betritt Chris eine Welt, die er nie gesehen hatte, er lernt sie kennen und lieben. Die Hewett´s sind angetan von dem höflichen, kulitivierten Chris Wilton und nehmen ihn mit gespreizten Armen in ihre Kreise auf. Es geht nicht lange bis Chris auf Chloe trifft. Eine junge, nette Frau in die er sich verliebt. Fortan führt er ein Leben auf großem Fuße. Mit seiner Freundin, Tom und dessen Freundin Nola zieht er um die Häuser und vergnügt sich Nacht für Nacht. Doch zwischen ihm und Nola ist irgend etwas, eine Anziehungskraft die unkontrollierbar scheint. Eine Anziehungskraft die den englischen Aufsteiger in Gefahr bringt, eine Anziehungskraft die den englischen Traum durch pure Leidenschaft und Emotion ins Wanken bringt.

MATCH POINT ist wahrhaftig eine Reise. Eine Reise in die Upper Class Londons. Eine Reise in Kreise in denen Herkunft und Beziehungen alles sind. Eine Reise in eine Welt voller Kultur, Prunk, Klatsch und Tratsch. Als Begleiter stellt uns Woody Allen den ehemaligen Tennisprofi Chris Wilton zur Seite. Auch er betritt eine völlig andere Welt, eine neue Welt, eine Welt die er nie wieder verlassen möchte. Umgeben von sündhaft teuren Kronleuchtern, Anwesen welche die Gartenkunst zelebrieren und Damen die nach Eau de Parfum und Haarspray duften, öffnen sich ihm völlig verborgene Türen. Türen zu Ruhm, Türen zu Erfolg, Türen zu Geld, Türen zu Liebe. Allen schafft es jedoch trotz der zahlreichen Bonbons, die Wilton´s neues Leben zu bieten hat, MATCH POINT nicht zu einer parteiischen Verherrlichung der High Society verkommen zu lassen. Immer wieder achtet er penibel darauf das Publikum nicht zu euphorisch werden zu lassen. Er blendet nicht. Durch die Ruhe der Kamera und des Drehbuches eignet sich der Film eine passende Geschwindigkeit an, die Trotz aller Fröhlichkeit und positiver Entwicklung der Geschichte immer ein gesundes Tempo vorgibt. Immer wieder werden Ereignisse eingestreut die die Scheinwelt ein wenig bröckeln lassen, die die Fassade aus Geld im Überfluss und aufgesetzter Freundlichkeit immer weiter Richtung Einsturz befördern. Woody Allen beginnt schon sehr früh die Maskerade der Blutsverwandten und Adel-stämmigen zu entkleiden ohne dabei den Höhepunkt vorweg zu nehmen. Das ist ehrlich und lobenswert.

©Paramount Home Entertainment
Die Settings teilen sich nahezu durch die Bank eine äußerst bedrohliche Stimmung. Allen will Farbtöne nahezu nicht zur Geltung kommen lassen. Er will die wertvollen Gegenden und Besitztümer wertlos erscheinen lassen und genau das gelingt ihm. Allen zeigt das auch in dieser Welt Menschen dieselben Fehler begehen, das Leidenschaft, Emotionen, Liebe, Sex und Zuneigung auch in dieser verschrobenen Realität nicht kontrollierbar sind. Das sie Menschen in Grenzsituationen bringen. Das Geld nicht alles verhindern kann, nicht alles beheben kann. Zur gleichen Zeit schürt er jedoch auch den Hass auf die reichen Schnösel, die Abneigung wächst. Der Score setzt sich aus verschiedenen Ausschnitten berühmter Opern und Musicals zusammen. Die Kultur der Reichen, nämlich das kultiviert sein und wirken selbst wird somit auch in der Musik verankert.

Die Schauspielleistungen der beiden Hauptdarsteller sind herausragend. Während Jonathan Rhys Meyers durch sein kühles und distanziertes Schauspiel besticht, überzeugt Scarlett Johansson durch ihr verführerisches Auftreten.
Der geniale Schachzug Allens jedoch besteht nicht aus der interessanten Darstellung eines für die meisten Menschen weltfremden Millieus, sondern aus der nahezu unsichtbaren Entwicklung und Verwandlung der Rollenverteilung unter den Hauptdarstellern, sowie der Protagonisten selbst. Vor den Augen des Zuschauers formt sich das gesamte Gebilde des Filmes um ohne dass das Publikum einen Zugriff auf das Geschehen hat. Somit entwickelt sich der Plan Allen´s vor allem in den finalen Szenen zu einer wahren Explosion, welche eine unfassbar erschütternde Wirkung nach sich zieht. Die Fassade fällt, die Maskerade verschwindet, die Scheinwelt jedoch scheint unzerstörbar.

MATCH POINT stellt schonungslos dar wozu Menschen in Extremsituationen fähig sind. Von der Leidenschaft in eine Ecke gedrängt, in einen ausweglosen Zustand bugsiert lässt sich der Mensch zu Taten leiten die seine Existenz und seine Würde aufs Spiel setzen.

Allen führt hier seinen glänzend aufgelegten Cast an und kreiert einen dramatischen Thriller, der in seinen besten Momenten die Gesichtszüge des Zuschauers zum entgleisen bringt. Spannend, bedrohlich und düster. Das ist MATCH POINT.  


Bewertung: 08/10



©Paramount Home Entertainment
Genre: Thriller, Drama
Originaltitel: Match Point
Regisseur: Woody Allen
Darsteller: Jonathan Rhys Meyers, Scarlett Johansson, Emily Mortimer, Matthew Goode, Brian Cox
Erscheinungsjahr: 2005
Produktionsland: UK, Luxemburg
Laufzeit: 119 Minuten 
Originalsprache: Englisch
Altersfreigabe: FSK 6


Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen