Mittwoch, 23. April 2014

Vicky Christina Barcelona - Woody Allen - Retrospektive #3

© Concorde Video 

Vicky und Christina sind sich so ähnlich und im Prinzip doch komplett verschieden. Während Vicky darauf aus ist sesshaft zu werden und einer gesicherten Zukunft entgegen zu Blicken, ist Christina auf der Suche nach Abenteuer, Leidenschaft und Liebe. Als die Beiden den Sommer in Barcelona verbringen lernen sie den Maler Juan Antonio kennen. Der sehr offensiv agierende Künstler findet vor allem bei Christina großen Anklang. Er lädt sie auf ein Wochenende in Oviedo ein und da Christina Feuer und Flamme ist, willigt Vicky widerwillig ein. Als Christina sich auf Juan Antonio einlassen möchte, muss sie wegen eines Magengeschwürs abbrechen und liegt den Rest des Wochenendes in ihrem Bett um sich auszukurieren. In dieser Zeit kommen sich Vicky und der verführerische Spanier immer näher und schlafen letztendlich miteinander. In der Zeit nach Oviedo treffen sich Christina und Juan Antonio erneut. Und dann ist da auch noch Juans Ex-Frau Maria Elena. Eine seltsam verzwickte Vierecksbeziehung entsteht...

Mit VICKY CHRISTINA BARCELONA ist Woody Allen ein weiterer Geniestreich in vielerlei Hinsicht geglückt. Gut gecastet, brillante Kameraarbeit, sehenswerte Schausplätze und Settings. Regisseur Allen schafft hier wieder ein unverwechselbares Stadtpanorama. Da werden Weingute besichtigt, Wein gekostet. Restaurants getestet, die Katalonische Küche studiert. Allen geht hier auf kulinarische Leckerbissen, auf Kultur ein, auf Sehenswürdigkeiten, auf eben genau das was den Zuschauer so interessiert. In diesem Projekt wird endlich wieder die Stadt in einen größeren Fokus gerückt, die Umgebung, die Atmosphäre, der Einfluss. Im Gegensatz zu TO ROME WITH LOVE kann Allen mit diesem Werk auch die Erwartungen in dieser Hinsicht erfüllen.

VICKY CHRISTINA BARCELONA begeht mit uns einen Spaziergang durch eine wunderschöne und faszinierende Gegend. Gefüttert wird dieser Spaziergang nicht nur mit tollen Schauspielleistungen, sondern auch mit einem unvorhersehbaren Storykonstrukt, das auf Schnörkeleien verzichtet und darauf bedacht ist seine Geschichte gefühlvoll und spannend zu erzählen. Immer wieder tauchen in dieser wirren Beziehungskiste Entwicklungen und Handlungen auf, die den Zuschauer zwar keineswegs schockieren, aber auf positive Art und Weise aufhorchen lassen.
Vier Personen auf der Suche nach Liebe, Leidenschaft und dem richtigen Weg dorthin. Während vermutlich alle den richtigen Weg gegangen sind, merkt man doch das irgendwas fehlt um Sicherheit zu schaffen, um seinen Traum wirklich zu leben.

Das ganz große Genie Allen´s zeigt sich jedoch in der Tatsache, dass VICKY CHRISTINA BARCELONA nichts weiter als ein Konkurrenzkampf der Kunstformen ist. Allen zelebriert die Fotografie, die Malerei, die Poesie, die Musik. All diese kulturellen Feinheiten, all die Freigeister werden in ein gottgleiches Licht gerückt. Der Zuschauer wird begeistert, wird inspiriert, verliebt sich in das Erzählte, in das Gezeigte. Allen macht all diese Künste zu etwas Besonderen, zu etwas unbeschreiblichen. Der Film lebt von der Liebe Allen´s zur Kunst. Doch all diese lobenswerten Aktivitäten kommen nicht an den Film selbst heran. Allen stapelt tief, stellt den Film an sich nicht in den Vordergrund. Im Gegenteil, das Publikum vergisst hier den Film und vertieft sich in eben schon angesprochene andere Fertigkeiten. Dem Zuschauer wird erst gegen Ende des Werkes wirklich klar was hier erschaffen wurde. Eine Liebeserklärung zur Kunst, aber vor allem eine Liebeserklärung an den Film.

© Concorde Video 

Getragen wird das ganze Spektakel vor allem von Javier Bardem, Scarlett Johansson und bedingt auch durch Penélope Cruz. Bardem und Johansson verkörpern die Sinnlichkeit, die Verführung, die Liebe. Nicht nur zueinander sondern ebenso zur Perfektion. Während Penélope Cruz dieses Gang mitgeht, jedoch durch ihre hysterische Art und Weise häufig die Perfektion bröckeln lässt, kann die zurückhaltende Rebecca Hall nicht wirklich überzeugen, was mit Sicherheit auch ihrem Charakter geschuldet ist, dennoch nicht davon ablenken kann, dass sie dieser zurückhaltenden Charaktereigenschaft nichts Authentisches eingehaucht hat. Bardem als verführerischer, spanische Maler ist ganz groß. Die großartige Figur des Juan Antonio, der trotz seines selbstbewussten und dominanten Auftretens, immer wieder selbst an seine Grenzen stößt, verkörpert er würdig.


Letztlich ist VICKY CHRISTINA BARCELONA ein verstecktes Meisterwerk Allens, der den Zuschauer auf eine Weise manipuliert wie sie selten zu sehen ist. Mit verliebten Aufnahmen der spanischen Sommergefühle und dem Blick für die richtigen Ecken Barcelonas, kann Allen hier ein Stadtportrait schaffen, das im Hintergrund der mitreißenden Liebesgeschichte seine volle Wirkung entfalten kann. Pure Genialität. 


Bewertung: 08/10


© Concorde Video 

Genre: Drama, Komödie

Originaltitel: Vicky Christina Barcelona 
Regisseur: Woody Allen
Darsteller: Scarlett Johansson, Rebecca Hall, Javier Bardem, Penélope Cruz
Erscheinungsjahr: 2008
Produktionsland:  Spanien, USA 
Laufzeit: 96 Minuten 
Originalsprache: Englisch, Spanisch 
Altersfreigabe: FSK 6

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