Mittwoch, 11. Juni 2014

Tom Meets Zizou - Road 2 Brazil #2

©mindjazz Pictures
Thomas Broich, vielen eingefleischten Fußball-Fans dürfte dieser Name noch ein Begriff sein. Als 2003 der kometenhafte Aufstieg dieses Wundertalentes begann, wurde er noch in einem Atemzug mit heutigen Sportgrößen wie Bastian Schweinsteiger, Lukas Podolski oder dem heutigen DFB-Kapitän Lahm genannt. Der Wechsel in die Bundesliga bedeutete den ersten Kontakt mit dem Haifischbecken Profifußball und was zunächst verheißungsvoll begann entpuppte sich letztlich als eine waschechte Tragödie, die in dieser Zeit nie wirklich als solche wahrgenommen wurde. Regisseur Aljoscha Pause begleitete den Protagonisten Thomas Broich seine komplette Karriere hindurch und beschert uns mit TOM MEETS ZIZOU – KEIN SOMMERMÄRCHEN einen klaren Einblick in die Kulissen des Profigeschäftes mit einem begnadeten Fußballer als Hauptdarsteller, der letztlich die Rolle des tragischen Helden dankbar annahm.

Was uns TOM MEETS ZIZOU bietet, ist ein gnadenloses Portrait in einem noch weniger Gnade bietenden Geschäft, dem Fußball. Das komplette Gegenteil zu Public Viewing, Meisterfeiern und Tor der Woche – Clips. Das komplette Gegenteil stellt Thomas Broich dar. Was immer wieder im Fußball vergessen werden zu scheint, zumindest von großen Teilen der Zuschauer und noch größeren Teilen der Verantwortlichen ist, das letztlich nicht Roboter diesen unendlichen Apparat Fußball in Gang halten, sondern Menschen. Wann immer eine Karriere empor steigt, werden zahlreiche verheißungsvolle Talente oder schon gestandene Spieler enttäuscht. Mit Thomas Broich ist ein Spieler im Blickpunkt, der eigentlich schon alles hatte. Seinen Ruhm, sein Image, welches er zunächst dankend ablegte um letztlich doch damit zu spielen und dieses zu genießen. Sein Lob, seine Wertschätzung, sein Können und seine Leistung. Doch auch ein intelligenter Mensch wie Broich, lässt sich letztlich auf das Spiel mit dem Feuer ein. Verändert seine Einstellung zum Geschäft, legt seinen Misstrauen ad acta und wird letztlich Jahre später mit den Konsequenzen leben müssen.
Aufgrund der Tatsache, das Aljoscha Pause über all die Jahre seine Karriere ständig begleitet hat, kann der Zuschauer die Veränderung des Spielers hautnah beobachten. Wie er Aussagen korrigiert, ihnen zuwider handelt, wie er seine Taten im Endeffekt nicht mehr gänzlich unter Kontrolle hat und mit welchen Widrigkeiten er am Ende des Tages zu kämpfen hat.

©mindjazz Pictures
Das Thomas Broich nicht frei von Schuld ist, hat er mittlerweile eingesehen. Durch seinen Wechsel 2010 nach Australien zu den Brisbane Roars hat sich sein Fußballer-Dasein doch noch in den lang ersehnten Traum verwandelt. Gott sei Dank muss man sagen, ist Broich doch ein unheimlich sympathischer Kerl, der nur deutlich zu naiv, blauäugig und als Resultat auch zu hochnäsig durch die Gegend geschlendert ist. Durch den Tapetenwechsel ist ein Mensch entstanden, der äußerst reflektiert und rein seinen Wunschtraum lebt. Dieser Kontrast zwischen den Gesprächen mit dem ´jungen´ und dem ´alten´ Broich macht TOM MEETS ZIZOU so sehenswert.
Eine Geschichte bei welcher der Zuschauer mitleidet, mitfiebert und die Freude mit dem Protagonisten teilt. Kein Film, der nur für Fußball-Fans sehenswert ist, sondern ein Spiegelbild der Gesellschaft, denn wer meint das solche Schicksale nur beim König Fußball zu finden sind, hat sich deutlich geschnitten.

Es ist ein Streifen, der einen Charakter beleuchtet, welcher nicht nur wahnsinnig interessant ist, sondern welcher sich auch in all den Jahren auf harte Weise verändert hat.

Ein Film aus dem jeder Zuschauer etwas für sich herausziehen kann. Ein Film der zeigt was das Leben zu bieten hat, wenn man nur den Mut hat seine wahren Träume zu verwirklichen. Thomas Broich ist ein ideales Beispiel für diesen Schritt, der letztlich ein Akt der Verzweiflung war auch wenn der Gedanke schon länger in ihm gewachsen ist. Aus diesem Grund funktioniert TOM MEETS ZIZOU auf mehreren Ebenen. Nachdenklich und verwirrt sitzt das Publikum da, wenn die Credits über den Bildschirm huschen. Was in über Zwei Stunden zusammengeschnitten wurde ist im Endeffekt der Aufstieg, der Fall und der Wiederaufstieg eines Individuums welches zu einem Zeitpunkt in Deutschland gefeiert wurde wie fast kein Zweiter. TOM MEETS ZIZOU zeigt Schnelliebigkeit, Glaube und Vergessenheit. Trotz, Frust, Motivation und Misstrauen. Talent, Fähigkeit und Scheitern. TOM MEETS ZIZOU zeigt absolute Menschlichkeit. Eine geniale Dokumentation!


Bewertung: 08/10



©mindjazz Pictures
Genre: Sportfilm, Dokumentation
Originaltitel: Tom Meets Zizou - Kein Sommermärchen
Regisseur: Aljoscha Pause
Darsteller: Thomas Broich
Erscheinungsjahr: 2011
Produktionsland: Deutschland
Laufzeit: 135 Minuten  
Originalsprache: Deutsch
Altersfreigabe: FSK 0



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